Das Zeitfenster zwischen dem 08. und 20. Dezember für die Billabong Pipe Masters an der North Shore Oahus ist bereits weit geöffnet. Dennoch steht aufgrund der Windbedingungen das letzte Event der Men´s Championship Tour 2018 weiterhin „on hold“. Nun ist Geduld gefragt, bis die besten Surfer der Welt in spannenden Heats um die beeindruckenden Barrels der zu erwartenden Overhead Wellen kämpfen. Wir nutzen die Zeit und schauen ein wenig hinter die Kulissen und Gabriel Medinas Kampf um den zweiten Weltmeistertitel.

Rein rechnerisch sind es noch drei Surfer, die durch eigene Kraft oder mit Hilfe von den Ergebnissen anderer, den Weltmeistertitel in der berüchtigten Banzai Pipeline gewinnen können, ganz oben auf der Liste steht kein anderer als der Brasilianer Gabriel Medina. Wie kämpfte sich der 24- jährige auch dieses Jahr wieder auf den ersten Platz der CT Rankings und was kann jetzt noch schief gehen? Wir nutzen die Wartezeit bis zum Eventauftakt und schauen für euch einmal genauer hin:

Ein junger Surfer mit Superstar-Werten? Wenn diese an der Anzahl seiner Follower bei Instagram festgelegt würden, ließ sich dies nur bejahen. 6,5 Millionen Fans, allein auf dieser Social Media Plattform, machen ihn zu dem bekanntesten und begehrtesten Surfer der Welt. Wer ihn einmal live in Action erlebt hat und seinen Werdegang verfolgt, wird schwer von etwas anderem überzeugt sein, als dass der junge Brasilianer über ein unglaubliches Talent verfügt und den professionellen Surfsport seit seinem Eintritt in die Surfelite erheblich populärer machte.
Nicht nur seine Fans und Follower sehen in ihm ein Supertalent. Von seinen Konkurrenten wird er gleichsam gefürchtet wie bewundert. Ehemalige Pro-Surfer wie Mick Fanning oder Barton Lynch, der sich 1988 bereits einen Weltmeistertitel in den kräftigen Barrels der Pipeline sicherte, bezeichnen ihn als „schwächenloses“ Naturtalent, das mit legendärer „Luftakrobatik“ und einem unvergleichlichen Können im Tube Riding – besonders auf seiner Backhand – Meilensteine im professionellen Surfing setzt. Besser als jeder andere, so Fanning, lese Medina die Wellen. Ihm nach könne man den Brasilianer in jegliche Größen setzen und mit noch so herausfordernden Bedingungen konfrontieren – eine spektakuläre Show auf höchstem Niveau sei einem sicher. Ob der ebenfalls dreifache Weltmeister damit Recht hat, kann Medina in dem kommenden Event an der North Shore unter Beweis stellen.

Schon vor seinem Eintritt in die Championship Tour der Word Surf League, sorgte der junge Brasilianer für Schlagzeilen. Mit seinem explosiven Repertoire an Manövern über der Wellenlippe, holte er sich bereits in seiner frühen Jugend alle Titel im Amateur- Surfing und viele nationale Titel bis er dann 2009 im Alter von 15 Jahren als der jüngste Surfer, seit Beginn des internationalen Surfwettbewerbs, eines der größten Events der Qualifizierungsserie gewann. Hier fing alles an? Falsch. Als ältester Bruder von drei Geschwistern war Surfing bereits in seiner Kindheit ein wichtiger Bestandteil in der Familie. Sein Stiefvater ist es, der das junge Talent nicht nur heute noch coacht und unterstützt, sondern damals in den ersten Ansätzen bereits erkannte und ihm mit seinem ersten Surfboard ausstattete.

Aber nicht nur von seiner Familie wird ihm der Rücken gestärkt. Von den Brasilianern, einer stolzen Surfnation, wird er als eine Art Nationalheld gefeiert, ein Superstar, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im städtischen Bezirk von Meresias, an der Nordküste Sao Paulos in Brasilien.

Die Atlantikwellen, die am Strand von Meresias einlaufen, hat er bereits im Alter von 9 Jahren für sich erklärt, und auch heute noch ist dieser Spot sein zuhause. Seinen Platz in der Championship Tour, den er neben John John Florence im Alter von 17 Jahren erlangte, brannte er mit bis dahin nur selten gesehener „Luftakrobatik“ geradezu hinunter und zog schon aus seinem ersten CT Event als Sieger heraus. Sein Eintritt in die Elite der World Surf League und seine anschließenden internationalen Erfolge, ließ den beliebten Sport in Brasilien regelrecht neu aufleben und brachte ihn auf ein neues Level. Kein Wunder also, dass heute mehr als 1/3 der Ränge in der CT Tour von seinen Landsmännern besetzt wird.

2014 war es dann soweit: Ein Traum wird wahr— Gabriel Medina holt sich den Weltmeistertitel und lässt im Alter von nur 20 Jahren erfahrene ASP World Champions wie Kelly Slater und Mick Fanning hinter sich. Er selbst, so sagt er heute, betrachtete den Sieg über obengenannte Koryphäen als nicht machbar und doch war er es, der letztlich die Krone aufhatte und ganz oben auf dem Treppchen stand. Das Jahr 2014 und der erste Weltmeistertitel veränderten sein Leben, so sagt er im aktuellsten Video der WSL, es habe eins davor gegeben und eines danach. Im Letzteren befindet er sich heute, zwischen 6,5 Millionen Followern, Interviews, Werbeaufträgen, Shootings und kreischenden Fans am Flughafen. 2014 war nicht nur ein Wendepunkt seiner Karriere, sondern auch seines Selbstbewusstseins und seiner Ziele, die er nun noch mehr fokussieren muss, um alles andere herum auszublenden und vielleicht schon im aktuell laufenden Event, die Billabong Pipe Masters, den zweiten Titel zu erlangen.

Ein Vorsprung von 4.740 Punkten trennen ihn von seinen zwei Herausforderern, Julian Wilson und Felipe Toledo. Wenn Medina die Pipe gewinnt, ist er Weltmeister. Geht er als Dritter aus dem Rennen, muss einer der obengenannten gewinnen und den Titel damit an sich nehmen. Ob als fünfter oder sogar schlechter, in beiden Fällen müssen entweder Wilson oder Toledo am Ende auf der obersten Stufe des Podests stehen. Damit bleibt für Medina immerhin noch ein kleiner Spielraum für Fehler, denn in jedem anderen Fall wird er zum Weltmeister 2018. In wenigen Tagen wissen wir mehr.