Die World Championship Tour 2019 ist offiziell beendet. Was alles passiert ist, welche Siege und Niederlagen wir erlebten, welcher Surfer welche Challenge für sich bestimmen konnte, sich die besten Wellen schnappte, die besten Turns carvte, die höchsten Airs sprang und sich letztlich die Krone aufsetzte, erfahrt ihr hier.

19. Dezember 2019, Banzai Pipeline, Oahu/Hawaii – Ein besseres Ende der World Championship Tour 2019 hätten wir uns wohl nicht wünschen können. Sowohl bei den Frauen als auch bei den Herren blieb es spannend bis in die aller letzte Sekunde des letzten Heats der Saison. Aber am Ende standen Italo Ferreira und Carissa Moore ganz oben.

Einige Tage mussten wir uns gedulden bis die North Shore Oahoas und damit das letzte Event der Championship Tour 2019 startete und die besten Surfer der Welt in spannenden Heats um die beeindruckenden Barrels der Overhead Wellen der Pipe kämpften.

Dieses Jahr blieb es bis zum letzten Stopp in Hawaii spannend, denn in den vorherigen Tour-Stopps konnten noch keinen Weltmeister bestimmt werden – weder bei den Herren noch bei den Frauen. Portugal war bereits das perfekte Vorspiel für das 2019 WM-Finale in der Pipe. „It´s gonna be a Pipeline party!“, hieß es und so war es auch!

Nach Peniche waren es bei den Männern rein rechnerisch noch fünf Surfer, die durch eigene Kraft und mit Hilfe der Ergebnisse anderer, den Weltmeistertitel in der berüchtigten Banzai Pipeline gewinnen konnten: Die Basilianer Italo Ferreira und Gabriel Medina, Felipe Toledo, Jordy Smith und Kolohe Andino. Ganz oben mit 51.070 Punkten stand Italo Ferreira, dicht gefolgt vom amtierenden Weltmeister, Gabriel Medina, der das letzte Event in Portugal aufgrund eines eklatanten Prioritätsfehlers gegen Caio Ibelli vorzeitig beenden musste. Doch auch ohne Medina wurde uns in Peniche neben der Super-Tube von Kolohe und beeindruckenden Performances von Jordy Smith und Jack Freestone mal wieder eine sagenhafte Air-Show geliefert.

Ordentlich vorgeglüht ging es dann zum letzten Stopp nach Hawaii, doch bis die „Pipe-Party“ losging mussten wir uns aufgrund der Bedingungen noch einige Tage gedulden. Glücklicherweise konnten wir die Zeit mit einer beeindruckende Show bei der Lululemon Maui Pro der Frauen überbrücken. Doch als Pre-Act kann man das nicht mehr bezeichnen, denn das Leistungsniveau im Frauen-Surfen steigt stetig und so manche Performance lässt selbst die sprachgewaltigen Moderatoren kurz ins Stocken kommen. Nur wenige Tage vor dem Riesenevent der Billabong Pipe Masters auf Ohao, haben die Damen die Nachbarinsel so richtig eingeheizt. Auch hier erwartete uns ein legendäres WM-Finale, bei dem es um weit mehr als um einen Titel ging. Die besten Surferinnen der Welt boten uns gleichermaßen viel Raum für Spekulation, denn in diesem Jahr haben sich außer dem gelben Jersey nichts nehmen lassen. Dieses hat einige Male seinen Träger gewechselt und das Jeep Leaderboard wurde besonders durch die Ergebnisse der vergangenen Challenge, die Meo Rip Curl Pro Portugal, neu gestaltet. Wir sahen letztlich eine erstaunliche Konstellation von drei Amerikanerinnen, die im Rennen um die Weltmeisterschaft Geschichte schrieben: Ganz oben, und kaum verwunderlich, stand Carissa Moore, die dreifache Weltmeisterin, die nur noch einen einzigen Sieg vom nächsten WM-Titel entfernt war. In diesem Jahr gingen zwei weitere, kampfstarke Kandidatinnen in das Rennen um die Krone, darunter neben der Kalifornierin Lakey Peterson, erstmals auch Caroline Marks, das 17 Jährige Ausnahmetalent, die sich in dieser Saison bereits mehrmals gegen ehemalige oder amtierende Weltmeisterinnen durchsetzen konnte und sich am Ende den zweiten Platz auf dem Jeep Leaderboard sicherte. Respekt!

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Carissa Moore hat mit ihrem Einzug ins Halbfinale ihre Konkurrentinnen regelrecht aus dem heimischen Gewässer gesurft und sich ihren 4. Weltmeistertitel geholt. Wow!! „Als absolut überwältigend“ beschrieb sie unter Tränen die Stimmung bei der Maui Pro, doch eine eben gleiche Performance hat uns die junge Hawaiianerin die gesamte Saison über präsentiert und schließt sich nun verdienter Weise den amerikanischen und ehemaligen Surfiprofis Lisa Andersen und Freida Zamba an, die als einzige Frauen ihrer Nation sich mit der gleichen Anzahl an WM-Titeln schmücken. Doch nicht nur die vierte Weltmeisterschaft konnte sie für sich bestimmen. Zusammen mit Caroline Marks hat sie sich für die Olympischen Spiele 2020 qualifiziert und wird die USA in Tokio erstmals im Surfsport der Frauen vertreten. Mit diesen beiden Frauen hat die USA das absolute Power-Doppelpack am Start, denn neben Carissa war es vor allem die siebzehnjährige Kalifornierin, die in den vergangenen Monaten besondere Aufmerksamkeit auf sich zog. Caroline ist die jüngste Surferin, die sich je für die Weltmeisterschaft der Damen qualifiziert hat. Weiter so!

„Every Heat is history“ hieß es auch bei den Männern und dies nicht nur im Kampf um den Weltmeistertitel, welcher bei den Billabong Pipe Masters an der Northshore Hawaiis bis zur Round of 32 noch 5 Anwärter hatte. Die Pipe war sprichwörtlich on fire, in welchem unter anderem Surfikone Kelly Slater absolut nichts anbrennen ließ und sich zum dritten Mal die Vans Triple Crown of Surfing holte. Auch in seiner 27. Teilnahme an den Pipe Masters zeigte er uns, dass er auch nach so langer Zeit noch immer nicht genug hat. Absolut beeindruckend war seine Technik, „backdoor“ in der Pipe, eine Barrel über drei Sections mit sensationellem Timing, um in aller letzter Sekunde noch auf der Tube zu schießen. Zu seiner perfekten Technik kam ein gezielt strategische Gedanke und letztlich der perfekte Zug, um sich gegen den Franzosen Joan Duru in der Round of 32 durchzusetzen. Belohnt wurde er mit glatten 10 Punkten von jedem Jurymitglied. Die „perfect Ten“ perfektionieren? Das kann halt nur einer, danke Kelly.

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Zurück an seinem Homespot war auch John John Florence der nach längerer Auszeit sein Comeback in der Pipe feierte. Wir freuen uns zu sehen, dass seine Knieverletzung seit der Oi Rio Pro in Brasilien gut verheilt ist und er sich uns wieder in Höchstform präsentierte. Was er in diesem Jahr zeigten, als er Bells Beach rockte und die Box in Margaret River in eine Spielwiese exzellenten Surfings verwandelte, gab uns einen köstlichen Vorgeschmack auf die nächste Saison, wo wir einen dreifachen Weltmeister um seinen nächsten Titel kämpfen sehen werden. Die höchste Heatwertung des Tages in pumping Bedingungen der Pipe holte sich John John Florence.

Jordi Smith war einer von fünf Anwärtern um den Weltmeistertitel 2019. Es hätte sein erster und nach dieser Saison sehr verdienter Weltmeistertitel werden könne, doch eine, seiner Meinung nach, zu frühe Entscheidung und falsche Wellenwahl ließ ihm seine Chance verpassen und eliminierte den Südafrikaner gegen Jesse Mendes aus der Round of 32. Platz drei im Ranking 2019 heißt es für Jordi, doch auch diese Platzierung sowie seine gesamte Leistung des vergangenen Jahres können sich durchaus sehen lassen.

Auch Felipe Toledo und Kolohe Andino schafften es nicht aus dieser Runde und verabschiedeten sich eher als erwartet aus dem Rennen um den Weltmeistertitel. Der Sieg Italo Ferreiras über Peterson Crisanto und die Niederlage gegen den Franzosen Michel Bourez nahmen Kalohe die benötigten Punkte und damit seine erste Chance auf das gelbe Jersey. Felipe verlor seine Position als Titelanwärter gegen den Neuseeländer Ricardo Christie, dennoch zeigte er sich dieses Jahr in den größeren Bedingungen der Pipe deutlich selbstbewusste und stärker und beendet das Jahr mit einem verdienten vierten Platz auf dem Jeep Leaserboard.

Da waren es nur noch zwei und wir hätten uns wohl kein dramatischeres Finale der World Championship Tour vorstellen können. Am Ende stehen sich im allerletzten Heat der Saison zwei Profisurfer gegenüber, die neben zwei gemeinsamen Zielen – der Sieg der Pipe Masters und die Weltmeisterschaft – auch die gleiche Herkunft haben. Beide Brasilianer haben in dieser Saison alles gegeben und sich in absoluter Höchstform präsentiert, wobei Gabriel Medina uns mehrmals zeigte, dass sein Siegesdrang ihn zu weit mehr Mitteln greifen lässt, als lediglich gut zu performen. Nicht nur einmal setzte er strategisch und zeitlich genau kalkuliert Prioritätsfehler ein, einer darunter so schwer, dass es selbst aus der Challenge eliminiert wurde. Der zweite taktisch bedachte Fehler „unterlief“ ihm abermals gegen seinen Gegner und Landsmann Caio Ibelli. „He did it again“. Wie ein Déjà vu erschien sein Drop-in im ersten Moment, diesmal in schwächerer Version, um Ibelli daran zu hindern, ihm im aller letzten Moment noch mit einer besseren Bewertung zu toppen, seinen Einzug ins Viertelfinale zu verhindern und damit die Chance auf seinen dritten WM-Titel deutlich zu schmälern. Ein Fehler mit Ansage. Berechnet, kalkuliert und strategisch durchaus gelungen. Wenn auch nur kurzzeitig, hat ihm dieser Spielzug die nötigen Punkte für seinen sportlichen Erfolg gesichert. Doch gleichzeig nahm es ihm so einige Punkte in Hinsicht auf Sympathie und sportlichem Fairplay. Er hat alles gegeben, um sein Ziel zu erreichen und doch war es nicht genug. Denn derjenige, der auf sportlich faire Art schlicht besser surfte, war Italo Ferreira. Glückwunsch dem neuen Weltmeister, dem Sieger der Pipe und vierten Brasilianer in der Geschichte des Surfens, der es so weit schaffte.

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Ferreira hat die stärkste Saison seiner Karriere hinter sich. Er surfte was das Zeug hält und brachte die Massen an den Stränden nicht nur einmal zum Toben. Wenn wir von absolutem Surfwahnsinn reden, dann ist es das, was der junge Brasilianer in dieser Saison gezeigt hat. Im absoluten „Beast-Mode“ ersurfte er sich nicht nur seinen ersten Weltmeistertitel, er gewann ebenso die Redbull Airbone an der Goldcoast in Australien, holte sich Gold bei den ISA Worlds Meisterschaften in Japan, wurde vom Surfer´s Magazin zum Surfer des Jahres gewählt und qualifizierte sich für Brasiliens Team der Olympischen Spiele 2020. All seine Siege waren im nicht genug, um auch noch seinen Landsmann Gabriel Medina aus dem letzten Heat des Jahres und aus dem Rennen um die Weltmeisterschaft zu surfen und uns das spannendsten Finale der letzten 15 Jahre zu liefern.

RANKING MEN`S CHAMPIONSHIP TOUR 2019
1. Italo Ferreira (BRA)
2. Gabriel Medina (BRA)
3. Jordy Smith (SA)
4. Filipe Toledo (BRA)
5. Kolohe Andino (USA)

RANKING WOMEN`S CHAMPIONSHIP TOUR 2019
1. Carissa Moore (HAW)
2. Caroline Marks (USA)
3. Lakey Peterson (USA)
4. Stephanie Gilmore (AUS)
5. Sally Fitzgibbons (AUS)